Tala war auf die Idee gekommen, Judd zu folgen, als er nach einer ganzen Weile nicht auftauchte. Vielleicht machte sie sich Sorgen, vielleicht hatte sie Angst, er könnte ohne sie losziehen, um die Arena zu suchen. Jedenfalls rannte sie los, die Nase am Boden folgte sie seiner Spur. Sie war leicht zu sehen, da seine Pfoten große Abdrücke hinterließen. Im Dorf angekommen, folgte Tala allein ihrer Nase. Bald fand sie Judd...und zu seinen Pfoten lag ein toter Hund. Ein nicht nur toter, sondern auch ein zerfleischter Hund. „Aha“, sagte sie. Sie hatte nicht erwartet, dass Judd einfach so Hunde umbrachte. Beinahe enttäuscht wandte sie sich ab und sah auf den Hafen, in den gerade eine Fähre einfuhr. Dann sagte sie zu Judd: „Wenn du meinst, ich kämpfe schlecht, dann zeig mir, wie man besser kämpft!“

Tala zitterte vor Wut. Er behandelte sie wie eine Welpin. Als könnte sie nichts. Er nahm einfach nicht wahr, was sie konnte, und das, was sie nicht konnte, das wollte er ruhig so lassen, wie es war. „Wenn du es mir nicht lehren willst, lerne ich es eben allein“, zischte sie. Sie war nicht besonders beeindruckt von den Zähnen des toten Hundes. Stattdessen öffnete sie ihr Maul und zeigte eine Reihe von langen, gebogenen gelben Zähnen. „Ich habe zwar keine so scharfen Zähne, aber ich beiße tiefer“, sagte sie. Sie würde nicht aufgeben, das stand fest.

Tala war zuerst voller Angst, sie merkte, dass seine Augen sagten, was er fühlte. Aber auch sie wurde wütend. Wenn dieser Kerl seine Gefühle nicht unter Kontrolle hatte, war das kein Grund, aufzugeben. Sie stieß ihm mit ganzer Kraft die Hinterbeine in den Bauch, schlüpfte hinter ihm hervor, als er abgelenkt war, dann sprang sie mit einem großen Satz über ihn hinweg. Herausfordernd, aber vielleicht auch ein bisschen ängstlich blickte sie ihm in die Augen, tänzelte auf und ab und erwartete seinen nächsten Angriff.

Tala knurrte. "Nein, ich will es nicht begreifen. Und ich werde es nicht akzeptieren, dass es so ist." Sie rannte ihm hinterher und tat das Gleiche wie er - sie griff ihn an. Mit einem großen Satz war sie auf seinem Rücken und zerfetzte seine Ohren zu Streifen, dann sprang sie ab, warf sich mit ihrem ganzen Körper gegen seine Beine und brachte ihn so zu Fall. Zwar hatte sie dafür all ihre Kraft gebraucht, aber es gelang. "Und ich...", fing sie an. "Ich will nicht, dass du ohne mich gehst. Denn du musst auch daran denken, dass in der Arena mehr Typen wie der da auf dich warten." Sie wies auf den toten Hund.

Ich bin dumm, dachte Tala und es stimmte vermutlich. Aber als Judd sagte, er würde nie wieder zurückkehren, spürte sie etwas anderes als lodernde Wut: Schmerz. Trauer und Enttäuschung. Sie wollte das nicht zulassen, dass er ging. "Doch! Du kehrst zurück. Wir sind kein Rudel, wir sind Freunde!", knurrte sie laut auf und jagte hinter ihm her. Sie wusste, was er tun würde, aber es war ihr egal. Dass er sich immer zurückhielt, wollte sie nicht, sie würde mit seiner gesamten Kraft schon fertigwerden. Sie sprang ihn an und verbiss sich in seiner Schwanzwurzel, bis sie Blut schmeckte.

Toll. Folgte sie ihm halt auf drei Beinen, auch gut. Tala rappelte sich mühsam auf und hinkte dann in seine Richtung, sie hatte beschlossen, sich nicht mehr abhängen zu lassen. Wie eine Klette. Er würde vermutlich ausflippen, aber sie wusste, dass nichts anderes sie zufriedenstellen konnte, als Judd zu folgen. Sie könnte anders keine Ruhe finden.

Tala knurrte. Sie hatte keine Lust mehr, zu kämpfen. „Lauf halt weg, wenn du dich vor dem Leben auf der Heide fürchtest“, fauchte sie und fühlte sich so, wie Judd sich vermutlich fühlen würde, wenn er das hörte. Aber das durfte er ruhig, schließlich war er selber Schuld. „Und ich gehe nur zu Shira, um sie an einen sicheren Ort zu bringen. Dann komm ich wieder hinter dir her, und wenn ich zehnmal um die Insel laufen muss.“

Tala war etwas besänftigt, als er sie stützte, aber in ihr war ein furchtbares Durcheinander von Wut, Entschlossenheit, Trauer, Schmerz und Freundschaft, auch Liebe zu Shira war dabei und Freude, mindestens nicht mehr mit Judd zu streiten. Sie konnte ihre Gefühle gar nicht mehr ordnen. „Dann bist du Schuld, wenn ich nicht mitkomme“, sagte sie säuerlich. „Und Mitkommen tue ich schon, ob ich die Arena betrete, ist meine Sache, klar?“

Tala verdrehte die Augen. „Ich vertraue dir, aber in der Arena gibt es mehr zu tun, als nur kämpfen. Irgendjemand muss sich auch mit Türen auskennen, falls wir vor einer geschlossenen landen, und jemand muss die Menschen ablenken. Und irgendwer muss...ach, es gibt eine Menge Sachen, die du nicht kannst! Da wäre ich dir nützlich!“ Sie bemerkte seinen Blick und hielt kurz inne. „Ich würde Shira nicht da hineinziehen. Wir nehmen sie mit auf unserer Suche, aber nicht in die Arena. Mir würde schon etwas einfallen!“

"Nein!" Tala spürte, wie Wasser das Blut an ihrer verwundeten Stelle abspülte, und zuckte leicht zusammen. Aber sie widersprach Judd erneut. Tief sah sie ihm in die Augen und sagte leise: "Du bist ein starker und wirklich lieber Hund und so, aber was du lernen musst, ist, dass du nicht der Held deines Lebens bist. Du bist nicht der einzige, der etwas kann!"