Vor Shiras Nase wirbelte etwas herum. Ein Fell. Die Kleine sprang sofort auf und umschlang es mit den Pfoten, ihr Schwanz wackelte wild. Sie plumpste wieder hinunter und sah Judd treuherzig an, als wäre sie nur ein kleiner Welpe, der kein Wässerchen trüben konnte. Vielleicht war sie das auch. Aber dann erfassten ihre Ohren erst, worum es im Gespräch der Großen ging. Sie fiepte leise. "Was? Judd geht schon? Ich dachte, er bleibt ein wenig bei uns...und wozu soll er die Hundefänger suchen? Will er sich etwas umbringen?" Sie hatte ihn irgendwie liebgewonnen.

"Danke übrigens", nuschelte Shira Tala zu, denn die Schweinekeule hatte ihr geschmeckt. Sie Sah Judd abwägend an und überlegte, wo sie sich am leichtesten auf seinen Rücken schwingen könnte. „Leg dich mal hin, Großer“, sagte sie schließlich und streckte die kleine Brust gebieterisch raus. Sie wusste nicht, ob das auch wirklich funktionieren würde, aber einen Versuch war es wert.

"Nee, sie hat mich nicht lieb gebeten", lachte sie und zog ihn am Ohr herunter. "Komm schon...biiiitte! Ich mach ja nichts. Ich sag es bloß so. Hör mal, was ist eigentlich eine Arena?" Sie sah zu Tala, aber diese machte ein Gesicht, als wäre sie mit den Gedanken weit, weit fort. Da wollte Shira sie nicht stören.

Shira zappelte nicht, als Judd sie am Nacken packte. Der Instinkt eines jeden Welpen lebte auch in ihr, denn wenn jemand sie am Nacken packte wie ihre Mutter beim Tragen, hielt sie still. Als sie Judds Vorschlag hörte, stellte sie ein Ohr auf. "Super! Ich hab noch nie ein Kaninchen gefangen! Mama", jaulte sie ausgelassen, plumpste auf den Boden und tänzelte herum. "Ich fang dir einen Hasen, ja? Ich ganz allein!" Dann fiel ihr die Arena wieder ein. Judds Antwort machte sie nur noch neugieriger. Sie sah sich um. "Jaaa, aber was ist eine Arena eigentlich? Wieso ist sie etwas böses? Beißt sie? Du...du passt doch auf mich auf, wenn wir sie treffen, ja?"

Shira murrte. Arena fand sie doof. Als Judd ihr sagte, dass sie still sein sollte, verstummte sie sofort und machte genau die gleichen Bewegungen wie er, obwohl sie nicht wusste, wozu das gut sein sollte. Bald hörte sie das Hoppeln eines Hasen, aber Hasen waren schneller als Kaninchen. Das braune Tier kam bald in Sicht. Sorglos hoppelte es ein Stückchen, ließ sich nieder und knabberte träge an einem Grashalm. Shira duckte sich und krabbelte näher, so leise sie konnte. "Wie fange ich es?", wisperte sie Judd zu und schluckte nervös. Tala würde stolz auf sie sein! Da durfte sie keine Angst vor Minihäschen haben.

"Okay. Und wo ist gegen den Wind?", fragte Shira, wartete die Antwort aber gar nicht erst ab. Sie duckte sich flach auf den Boden und kroch näher. Das Heu raschelte laut und einige Hasen flohen. Ein junger Hase saß noch auf der Lichtung. Mit einem großen Satz schoss sie aus ihrem Versteck und landete auf ihm. Das Tier wirbelte herum und versetzte ihr einen so heftigen Schlag mit dem Hinterbein auf die Nase, dass die Welpin Sterne sah. Aber sie schüttelte sich nur, jaulte kurz und schloss dann ihre Zähne um die Kehle des Hasen, der sofort erschlaffte. Stolz, aber ein wenig benommen schleifte sie ihre erste Beute zu Judd.

"Da bin ich nicht Schuld. Da ist der Hase Schuld, der so doll gezappelt hat." Shira trottete zum Hasen und legte eine Pfote darauf. Sie lauschte Judd aufmerksam und ihr fiel eine Lektion ein, die Tala ihr einmal erteilt hatte: Die Organe, an denen man jemanden töten oder getötet werden kann, sind Herz, Hals, Genick und Bauch. "Er hat mich nicht gerochen", setzte sie hinzu. "War die Richtung also richtig so?" Ihr fiel auf, dass es schwierig war, auf alles zu antworten, was er sagte.

Shira grinste. Toll, er konnte Gedanken lesen. Eifrig krabbelte sie zwischen seine Pfoten und nuschelte von unten irgendwo in seine Bauchfalten: "Hals, Genick, Herz und Bauchbereich oder so." Dabei dachte sie an die Arena. Tja, Judd wusste das sicher daher. Eine Arena war etwas böses. Aber die Welpin spürte seltsamerweise das neugierige Verlangen, so etwas einmal zu sehen, denn wenn ein so guter Hund wie Judd da rauskam, kam sie vielleicht auch besser raus, als sie reingegangen war. Wer weiß.

"Danke!", erwiderte Shira und kuschelte sich an sein Bein. Als sie seine Frage hörte, blickte sie auf und sah ihn überrascht an. "Wieso? Was soll ich machen? Glaubst du etwas wirklich, ich könnte vorhaben, dich umzuwerfen? Das schaff ich nie", murrte sie, und da hatte sie wirklich Recht. Ihre Adoptivmama Tala vielleicht, aber nicht sie.